FORM INTERVIEW - TEIL 1

Ein Vorwort über Form ist nicht unbedingt nötig. Es gibt genug Text in seinen Liedern und nicht zuletzt unser folgendes Interview. Er bricht klassischen Rap mit seiner Art zu rappen auf, das fordert den Hörer auch heraus. Thematisch geht es um vieles, um dass es anderen Rappern nicht geht. Will man also Texte hören, die man sonst nicht hört, muss man sich auf das ungewohnte Hörerlebnis einlassen. Eine willkommene Abwechslung.
vielfalltag Form

Vielfalltag: Mitunter wirken deine Texte so, als kämen sie direkt aus deinem Kopf, ohne Zwischenstation, hin zum Lied. Arbeitest du schnell und spontan oder änderst du noch viel?

Form: Das ist sehr unterschiedlich. Es dauert ja meistens eine Weile vom Zeitpunkt des Schreibens bis zur Veröffentlichung. In der Zwischenzeit fällt mir dann schon öfter mal auf, dass dies oder jenes scheiße klingt oder nicht mehr aktuell ist. Oder mir aus anderen Gründen in der Formulierung nicht mehr gefällt. Meistens schreibe ich relativ lange an Texten herum, bis ich sagen kann, dass es so passt. Auch beim Aufnehmen ändert sich manchmal noch etwas. Wenn man merkt, dass es nicht so gut funktioniert z.B.

Bei manchen Sachen ist es aber auch wichtig, dass sie so bleiben, wie sie in dem Moment geschrieben wurden und dann lasse ich es eben so.

Vielfalltag: Auf der einen Seite könnte man annehmen, dass du Probleme damit hast, dass Leute sich zu wenig Gedanken machen – ist es auf der anderen Seite so, dass dich die vielen Gedanken, die du dir machst, stören?

Form: Nein, mich stören die Gedanken nicht. Also natürlich behindert es mich auch, wenn ich mir das Leben manchmal etwas schwerer mache als nötig. Aber dafür hat es dann eben auch Hand und Fuß, weil ich vor mir selbst und anderen begründen kann, wieso ich etwas wie mache. Ich bin aber kein übler Grübler, dazu bin ich viel zu ungeduldig und auch pragmatisch. Zumindest arbeite ich momentan daran, Strukturen zu erstellen, die mich nicht wahnsinnig werden lassen trotz all der diversen Manifestationen menschlicher sowie irgendwasistischer Abgründe, die die Welt zu bieten hat. Mehr Flapsigkeit bei der Weltrettung, dann hält man länger durch.

Vielfalltag: Der Zugang zu deiner Musik ist auf Grund der Textdichte und den dazukommenden Gedankengängen innerhalb der Texte nicht leicht. Die Beats sind hingegen auch mal klassisch. Wie würdest du deinen eigenen Beatgeschmack beschreiben und warum hast du die Doppel EP nicht komplett selbst produziert?

Form: Mein Beatgeschmack ist 1a. Er ist sehr gut, er ist exquisit, einem Stück Donauwelle in der Wüste nicht eben unähnlich, ein Weihwasserflakon-Upgrade im Supersoaker-Business der Wacknessbekämpfung. Porzellanengleich riss die Stille das Wasser auseinander! Mein Beatgeschmack geht mit deinem Beatgeschmack um die Ecke. Hinterher ist dein Beatgeschmack überzeugt, dass mein Beatgeschmack Recht hat. Mir geht das schon länger so.

Ich sage, seit mir das kürzlich auffiel, immer, dass ich HipHop auf HipHop angewendet habe, als ich ihn für mich entdeckte. Bzw. tue ich das noch immer. Und ein zentrales Element von HipHop ist für mich das Aneignen, das Samplen der Stücke/Ideen anderer. Ich nehme mir, was mir passt und baue das neu zusammen. Und mir gefallen eben extrem viele unterschiedliche Stile. Das macht für mich die Stärke von HipHop aus, die Wandlungsfähigkeit, die permanente Mutation. Dummerweise ist die Gesamtsache schlauer als die Diskussion darüber, weshalb es mir dann in der Regel zum Vorwurf gemacht wird, dass ich mich nicht auf eine Sparte, einen Gesichtsausdruck, eine Art von Beleidigung und eine Klamottenfarbe festlege. “Uäääh, ich kann dich nicht einordnen!” Man soll mich nicht einordnen, man soll einfach mal zuhören und mir Recht geben. Und Geld.

Vielfalltag: Wie leicht oder schwer fällt es dir, der Zukunft positiv oder ausgeglichen entgegenzutreten?

Form: Ach, die Zukunft ist ok. Mir macht eher die Gegenwart Probleme.

Vielfalltag: Vielen Dank für die Antworten. Bald folgt Teil 2.

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Es fragte: Henry Berner