TROMMEL TOBI - INTERVIEW
Durch Features zu guter Musik kommen. So passiert, bei Trommel Tobis Album “Le Gruyère”, dank der Amewu Feature. Dass da noch mehr aufregendes als Rap geht, nur ein weiterer Grund, um ihn im Interview zu Wort kommen zu lassen.
Vielfalltag: Was genau war deine Arbeit an dem Album, und wo hast du Arbeit an andere abgegeben / abgeben müssen?
Trommel Tobi: Ich mache meine Beats immer alleine, sprich, ich setze mich meist mit Kopfhörern an den Computer und beginne irgendwelche Ideen auszuarbeiten. Ich spiele alle virtuellen Instrumente mit einem MPD (Pad) ein, suche hier und da Samples und arrangiere. Auf manchen Tracks habe ich auch Gitarre gespielt und aufgenommen. Hier und da Shaker oder andere perkussive Instrumente. Nur sehr selten benutze ich Loops. Ich bevorzuge alles einzuspielen, gerne auch über 16 oder 32 Takte, um es abwechslungsreich zu gestalten. Arbeit an andere musste, bzw. durfte ich, für die Violine-Aufnahmen (Kenji451), für alle Feature-Gesangsaufnahmen und für das Mischen und Mastern des ganzen Albums, abgeben. Das hat mein Freund und Homie Stefan Kraatz gemacht. Ihm vertraue ich zu 100%, was den Sound anbelangt. Und er ist tatsächlich maßgeblich dafür verantwortlich, wie (gut) die Platte am Ende klingt. Seine Ohren sind Gold wert.
Vielfalltag: Gab es einen typischen Ablauf beim erstellen der Lieder? Wenn ja, wie sah er aus, wenn nein, warum musste notwendigerweise an jeden Track anders herangegangen werden?
Trommel Tobi: Der Ablauf ist bei mir tatsächlich jedes mal ein anderer. Zumindest zu Beginn. Mal hab ich eine Melodie im Kopf, mal einen drum groove. Ein anderes mal inspiriert mich ein Sample. Aber sobald die Grundidee steht und stimmt, sind die Abläufe immer sehr ähnlich. Ich suche passende Instrumente und Melodien, arrangiere so wie ich es mir vorstelle. Am Ende kommen dann ggf. die Features dazu. Am Arrangement wird dafür nichts mehr geändert.
Vielfalltag: Wenn du Trommel Tobis Musik machen vor 5-10 Jahren, mit dem heutigen Machen deiner Musik vergleichst, worin liegen da Unterschiede?
Trommel Tobi: Mein Musikgeschmack hat sich selbstverständlich weiter entwickelt. Die Arbeitsweise ist immer noch sehr ähnlich. Aber ich benutze andere Musikprogramme, alles ist einfacher zu bedienen und schneller geworden. Man hat mehr Instrumente und Sounds zur Auswahl, kommt schneller zu einem ganz gut klingenden Ergebnis als früher. Übung macht auch hier den Meister – daher sind auch alle Abläufe schneller und flüssiger. Das ist beim Beats machen nicht anders, als beim spielen oder erlernen eines Instrumentes. Man entwickelt sich nur weiter, in dem man sich konsequent damit beschäftigt. Vor allem was den Sound anbelangt. Man muss einfach viel Musik hören und – ganz wichtig -über den Tellerrand schauen bzw. hören. Schauen, was andere so machen. Wie sie das machen und warum etwas so klingt wie es klingt. Und dann probieren, probieren, probieren. Ich verbringe Stunden, Tage und Wochen damit, am Sound rumzuschrauben. ICH will am Ende zufrieden mit dem Endprodukt sein
Vielfalltag: Hattest du gute Musiklehrer zu Schulzeiten?
Trommel Tobi: Ich hatte nicht besonders gute Musiklehrer in der Schule, aber sehr fördernde. Das sah ich erst im Nachhinein. Wie das mein Selbstbewusstsein gestärkt hat. Und das ist so unglaublich wichtig. Ich habe bereits in der 7. Klasse in der Big Band meiner Schule Schlagzeug gespielt. Mit Sicherheit noch nicht besonders gut, aber mein Lehrer hat eben an mich geglaubt.
Vielfalltag: Was war die letzte große musikalische Überraschung für dich?
Trommel Tobi: Ich weiß nicht, ob es die letzte große Überraschung war…aber einschneidend war für mich, als ich Ende 2009/ Anfang 2010, durch Yarah Bravo, das erste mal auf FAT FREDDYS DROP aus Neuseeland gestoßen bin. Deren zweites Album “Dr. Boomdigga & the BIG BW ”. Ich weiß noch, dass ich mich nachts mit Kopfhörern ins Bett gelegt habe, play gedrückt, und nicht fassen konnte, was da passiert. Es ist ein so unglaublich gutes Album. Unbedingt reinhören und kaufen!
Vielfalltag: Welche Lieder aus deiner Jugend kannst du heute noch hören?
Trommel Tobi: Eigentlich fast alle. Zumindest alle, die ich damals bereits mochte. Manchmal natürlich hauptsächlich der Erinnerung wegen. Aber ich schäme mich für nichts. dafür bin ich bekannt. Damals liefen im Radio hier und da noch wirkliche Hits, zeitlos gute Musik. Das passiert heute doch gar nicht mehr. Ich besitze daher auch kein Radio, keinen Fernseher. Alles, was einem dort heutzutage angeboten wird ist Plastik. Plastikschrott, der ganz kurz aufblüht. Aufgeblasen durch Industrie, Medien und Werbekampagnen. “The Voice”, “DSDS” und wie die Magazine nicht alle heißen. Das ist alles so traurig. In kurzer Zeit möglichst viel Geld aus einem Produkt pressen, und dann wieder fallen gelassen werden. Wie ein Luftballon. Kurz aufblasen, bis er platzt. Das kotzt mich so sehr an, und ich habe richtiggehend Mitleid mit der heutigen Jugend. Denn die konsumiert eben, was Ihr angeboten wird. Schrott. Ich appelliere daher an jeden, sich seine eigenen Kanäle zu suchen. Man muss sich auf die Suche machen. Es gibt noch überall großartige Musik, in allen Bereichen. Aber man muss eben suchen. Und dann mag man später die Lieder ganz sicher auch noch.
Vielfalltag: Machst du Musik auch, weil sie deinen Tod überdauern soll?
Trommel Tobi: Nein, daran hab ich tatsächlich noch nie gedacht.
Vielfalltag: Was zeichnet Amewu aus? Gibt es etwas, was ihr beide gern zu zweit macht?
Trommel Tobi: Amewu ist nicht nur ein wunderbarer Mensch, sondern ein super Musiker und natürlich Wahnsinns-Texter. Ein Poet, Dichter. Ich habe allerhöchsten Respekt, und fühle mich immer geehrt, mit Ihm zusammenarbeiten zu können und zu dürfen. Ich würde sagen wir sind besonders gerne zusammen auf der Bühne. Ich spiele Schlagzeug in seinen Show. Und wir haben auch eine Veranstaltung in Berlin namens “Turntable Tutorial” zusammen. Amewu, DJ Werd und ich. Sie findet jeden zweiten Samstag im Cafe Wendel in Berlin-Kreuzberg statt.
Vielfalltag: Vielen Dank für das Interview.
Es fragte: Henry Berner