FALK SCHACHT - CATCH THE BEAT

Am 24. April 2015 erschien, mit dem Soundtrack zum Skateboard-Film „Street Jazz“, die erste Veröffentlichung auf Catch The Beat. Catch The Beat ist das Label von Falk Schacht, Street Jazz ist der Film von Gerrit Piechowski. Der in New York spielende Streifen, lebt vom Skateboarding des TPDG-Teams in den Straßen der Stadt. Der Stadt des HipHop. Dass Schacht für den Soundtrack also Beat-Produzenten wie Dexter und Kova gewinnen konnte, lässt das Endresultat so stimmig werden. Wo sich in New York die Rollen am Brett drehen, darf nun jeder sein Stück New York, in Form der Street Jazz Vinyl, zum drehen bringen. So skate-lastig ein Skatevideo auch ist, Street Jazz fängt die Stadt mit ein, und gibt der Musik somit die Möglichkeit, sehr nah am Asphalt, oder in der Wolke über den Straßenschluchten zu hängen. Vom grinden und Label betreiben – Falk Schacht im Interview:

Vielfalltag: Wie fühlt es sich an, frischer Labelbetreiber zu sein? Kannst du deine Nerdseite gut ausleben oder fühlst du dich als Kaufmann?
Falk Schacht: Das gehört natürlich alles zusammen. Aber es geht mir in erster Linie immer um das Kreative. Erst danach wird gefragt ob es bezahlbar ist und Sinn macht.

Vielfalltag: Bei einem Filmsoundtrack werden die Bilder ja schon immer mitgeliefert, für welche Bilder eignet sich der „Street Jazz“ Soundtrack sonst noch? Eignet er sich als Sommer-Begleiter 2015?

Falk Schacht:Die Musik ist alles, was man zu einem schönen Tag braucht. Man kann dazu Sport machen, vor der Polizei weglaufen und abends ein bisschen romantisch schmusen.

Falk Schacht (Foto von Delia Baum) Catch the Beat

Vielfalltag: De la Souls „A Roller Skating Jam Named Saturdays“, Lupe Fiascos „Kick, Push“, der Hip Hop Soundtrack zu Larry Clarks Film „Kids“ oder Denyos Zeilen aus „Mikro in der Hand“, skaten und Hip Hop haben seit jeher Berührungspunkte. Gleichwohl gibt es auch Stimmen, die eine strikte Trennung von Skateboarding und der Hip Hop Kultur wollen – wie siehst, und wie stehst du zu dieser Beziehung? Wie war das als du selbst geskatet bist?

Falk Schacht: Wer eine strikte Trennung von Kulturen will, ist mir extrem zuwider und soll bitte zurück in die Höhle ziehen, aus der wir als Menschheit nie ausgezogen wären, wenn alle so denken würden.
Als ich geskatet bin, waren noch Hardcore und Punk der Soundtrack, aber das hat sich über die Jahre geändert. Ich habe es nie als Widerspruch empfunden, zu skaten und Rapmusik zu hören.

Vielfalltag: Ich nehme an, dass deine Zuneigung zu Hip Hop, deiner Zuneigung zu Jazz voraus ging. Wann hast du Jazz das erste Mal bewusst wahrgenommen? Und war dieser Moment gleichzeitig der Grund, dich weiter mit Jazz zu befassen?

Falk Schacht: Im Plattenregal meiner Mutter standen auch schon Jazz-Platten. Louis Armstrong, Ella Fitzgerald, Ramsey Lewis, aber auch sowas wie Grover Washington Jr. konnte man da finden. Aber meist lief bei uns zu Hause sehr viel BFBS Soldatenradio der englischen Armee, vornehmlich Funk, Soul und Disco. Das ist meine musikalische DNA. Der Anstoß, sich intensiver mit Jazz auseinander zu setzen, kam durch A Tribe Called Quest. Ihr Album “People’s Instinctive Travels and the Paths of Rhythm” fand ich zuerst sehr seltsam. Das war so komplett anders als alles, was ich vorher gehört hatte. Von da an habe ich versucht, die musikalischen Quellen zu finden, was damals noch gar nicht so einfach war. Wenn ich in Musikläden nach Jazz fragte, bekam ich immer Bebob Platten gezeigt. Es dauerte einige Monate, bis ich herausfand, dass ich nach Fusion Jazz fragen muss. Ich komme aus Hannover, einer Stadt mit einer damals stark ausgeprägten Jazz-Szene. Und bei dem Wort “Fusion Jazz” gab es als Reaktion regelmäßig verdrehte Augen. Das war eben nicht der “Real Shit” für die True Schooler des Jazz.

Vielfalltag: In welchen Liedern, abseits des Street Jazz Soundtracks, wurde, deiner Meinung nach, die Atmosphäre New Yorks gut eingefangen bzw. transportiert? Und hättest du dafür auch Beispiele deutscher Städte, wie Berlin oder Hamburg?

Falk Schacht: Der Lärm der Straßen von New York, die dauernden Sirenen, die Aggressionen von New York höre ich in der Musik von Public Enemy und Run DMC. Das lustige und flippige New York höre ich bei den Fat Boys, De La Soul und den Beastie Boys. Das coole, warme, auch dunkle und neblige NY empfinde ich bei A Tribe Called Quest, Gangstarr, Nas und Roc Marciano nach. Die moderne Variante davon ist für mich Asap Rocky.
Das Böse und abgefuckte New York höre ich bei Biggie, Mobb Deep und 50 Cent. In Hamburg und Berlin ist die Rapmusik auch sehr stark mit der Stadt verbunden. Ich kann mir die Beginner nicht ohne Hamburg vorstellen. Und Bushido ohne Berlin geht auch nicht. Die Rap-Szenen einer Stadt verkörpern automatisch den Soundtrack dieser Metropolen für mich.

Szene aus Street Jazz Catch the Beat Falk Schacht

Vielfalltag: Premium Boxen haben Konjunktur – Zeit zum träumen: Was würde eine „Street Jazz“ Premium Box enthalten, wenn alles möglich wäre?

Falk Schacht: Eine Halfpipe und Ramp. Ein Skateboard. Einen Reisegutschein nach NY und Stadttour zu den Drehorten. Die Eintrittskarte zum Live Event, bei dem ein 150-köpfiges Orchester den Soundtrack live zum Film spielt. Eine Vollausstattung an TPDG-Shirts, -Hoodies und -Hosen. Den Film auf Blue Ray, inkl. Making Of und Kommentarspur mit allen Beteiligten.

Vielfalltag: Falk Schacht der Journalist, der Produzent, der Dozent, der DJ und der Labelbetreiber. Wieviel Tätigkeits-Gleichzeitigkeit verträgst du und wo kommst du an deine Grenzen?

Falk Schacht: Keine Sorge, bisher klappt das alles gut. Und zum Glück mach ich auch nicht alles alleine. Bei Catch The Beat zum Beispiel arbeite ich im Team mit Lina Burghausen.

Lina Burghausen (Foto von Sebastian Frank)

Vielfalltag: Wieviel Einfluss wirst du auf das Artwork der Catch the Beat Veröffentlichungen nehmen? Könntest du dir vorstellen, es in komplett fremde Hände zu geben?

Falk Schacht: Da es mein Label ist, habe ich mit allem zu tun, und nehme allein deshalb schon auf alles Einfluss. Das Artwork ist mir sehr wichtig. Und das Lob für den Soundtrack zeigt mir auch, dass ich auf dem richtigen Weg bin. Es dauert manchmal etwas länger, weil ich für solche Dinge auch sehr nerdige Ideen habe. HipHop insgesamt, und die Vinyl- und Digging-Kultur im speziellen, sind für mich immer eine “Referenz-Kultur” gewesen. Eine Art analoges Internet, in dem Hinweise und Links von einer Platte zur nächsten führten. Das sind Kleinigkeiten, die am Ende nur den Allerwenigsten auffallen. Aber für genau diese paar Dutzend Leute, die die Referenzen erkennen, nehme ich mir im Gestaltungsprozess Zeit. Insiderwitze sind doch immer die besten Witze.

Vielfalltag: Welche Covergestaltungen, Booklets haben dich beeindruckt und haben anhaltende Wirkung auf dich? Und welche Liner Notes oder Danksagungen welcher Alben hatten diese Wirkung auch auf dich?

Falk Schacht: Das ist sehr unterschiedlich und unterliegt auch einem Wandel. Cover die ich früher hässlich fand, gefallen mir heute gerade deswegen. Nimmt man mal viele der Underground Rap-Platten aus den 80er Jahren der Westküste und der Südstaaten. Das sind Indie-Platten, die konnten sich keinen Profi-Fotographen leisten, also machte man das Foto unbeholfen selber. Genau das hat einen wunderbaren Charme, den ich mag. Ich mag auch sehr gern Cover mit kaputten Umgebungen: Dreckige alte Fabriken, Bahngleise, Straßen. Es muss vor allem Style haben. Moderne Grafiken und Cover reizen mich aber nicht. Wahrscheinlich mag ich die in 20 Jahren aber.
Linernotes habe ich auf HipHop Platten immer vermisst. Das möchte ich jetzt nachholen. Entweder interessante Autoren oder ich selber werden in Zukunft Linernotes schreiben. Ich finde, sie sind ein wichtiger Bestandteil einer Platte. Natürlich kann man das alles auch in Interviews erzählen. Aber wer druckt in diesen modernen Zeiten ein Interview aus einem Blog aus und packt es zur Platte? Ich denke da auch rein Vinyl-archäologisch. Was man der Platte für die Zukunft beilegen kann und auch bei ihr bleibt, das werde ich versuchen auszuprobieren.

Falk Schacht Label Catch the Beat

Vielfalltag: Sag was dir noch wichtig ist:

Falk Schacht: OK, dann mache ich hier die QVC-Rutsche. Die Musik hören und den Film sehen kann man hier:

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Vielfalltag: Vielen Dank für das Interview.