AURI SACRA FAMES - AUSGABE 5 - BLICK AUFS BLATT

Cover auri sacra fames ausgabe 5

Es liegt die fünfte Ausgabe des Auri Sacra Fames Magazins vor, und somit liegen 236 Seiten geballtes Graffiti vor. Wieder einmal lebt das Druckwerk von seinen Specials. Wieder einmal wird viel dargeboten bei gleichzeitigem Beibehalten von Qualität. Berlin hat demzufolge nach wie vor die Krone auf. Das zeigt sich bei den abgebildeten S-Bahnen, bei denen stabile Blöcke auf Design-Graffiti, auf New York-Flavour, auf Abstraktes treffen. Treffer an Treffer, wie z.B. ein Huskies Train der nicht weiß ober er klassisches Graffiti oder die Befreiung davon sein will, und genau deshalb so gut ist.

Die Qualität des Heftes ist auch gleichzeitig immer ein Qualitätssiegel für Berliner Graffiti-Fotografen, wobei diese Ausgabe auch sehr von den Archiven der Buchstabenanbringenden Akteure selbst lebt. Beweis dafür sind unter anderem die analogen Fotografien im IMK Spezial. Sie sind gut gewählt, was in der farblichen Vielfalt beschrifteter Türen besonders deutlich wird. Man fühlt sich der Straße beim Anblick sehr nah. Der Straße noch näher kommt man durch eines der von IMK signierten Exemplare, welches mir vorlag. Wer diese urbane Kurzreise auf über zehn Seiten erleben will, ist gut beraten sich eines der auf 100 Stück limitierten Exemplare zu sichern.

Wie es gelingt Buchstaben miteinander, und Graffiti-Fotos mit Texten dazu zu verbinden, beweist das CREAM-Spezial. CREAM nimmt in seine Gedankenwelt mit und reflektiert seine Jugend mit Graffiti, sowie sein Leben mit Graffiti als nun Vierzigjähriger. Darüber hinaus erfährt das Spezial mit „Oben auf der Stadt“ einen gewissen Kurzgeschichten-Flair – Das Teerdach unter den Füßen, mit den Dosen ausüben, ein Berliner Nachtspaziergang, eben eine Geschichte wie sie nur in Städten geschrieben werden kann, wie Graffiti eben nur so in Städten geschrieben werden kann.

Das Kernstück dieser fünften Ausgabe ist das DRM-Spezial. Der Autor Peter Pegel erzählt die Historie dieser, für Berliner Trainwriting so wichtigen Crew, welche sich 1996 gründete. Es ist eine Geschichte die im Vordergrund Graffiti behandelt, gelungen gleichzeitig aber auch von einer Jugend ohne Internet erzählt, welche mit Analogkamera und viel Sommerferien-Freizeit ausgestattet ist. Wenn verhandelt wird, wie Crew-Mitglieder ausgemistet wurden oder wie ein friedlicher, crewinterner Wettstreit stattgefunden hat und wie ein (un)friedlicher Wettstreit zwischen Crews stattgefunden hat, gewährt diese Chronik einen herausragend authentischen Einblick in die Graffiti-Kultur von Berlin. Einige Wörter („Chiffre“, „Akronym“) wiederholt der Autor in seinen Ausführungen zu oft, was den Gesamteindruck etwas schmälert. Aus einer Südberliner Crew wurde eine Berliner Crew die in ihrer Nachwirkung Berliner-Graffiti-Style bis heute in die restliche Welt repräsentiert. Wenn sich Berliner Größen wie Roger oder Lyte über eine der bedeutendsten Crews äußern, zeigt sich welche Dimension dieses Magazin einnimmt. Die Frage, ob man es mit einem qualitativen Heft zu tun hat oder nicht stellt sich dann nicht mehr, aber die Frage stellte sich vielleicht schon nach der zweiten Ausgabe nicht mehr.

Wenn es dann auch nur eines Umblätterns bedarf, um vom Ducken, Rennen, Mullern (DRM) in 1996-2006, ins hochwertige Hall-Malen der Gegenwart von Boaone überzugehen, hat man eine weitere Verbildlichung für die Qualität des Magazins – Übergänge die manche Videos in ihrer Flüssigkeit nicht besitzen. Nach der ausgiebigen DRM-Story fühlen sich die Zitate im Boa-Spezial dann etwas wie anfüttern an. Satt wird man beim Anblick der Pieces dennoch, was daran liegt, dass man das merkt, was Boa behauptet, nämlich dass er mit gleicher Begeisterung an seine Pieces wie an die Hintergründe seiner Pieces geht.

Etwas mehr Hall-Malerei oder Trainline-Stuff hätte es für meinen Geschmack noch in das Magazin schaffen können, aber versteht man alle Auri Sacra Fames Ausgaben als sich ergänzende Wechselwirkung, kommt jeder auf seine Kosten. Nicht zuletzt sorgen das TrainLeistungsSport-Crew-Spezial und die das Heft abschließenden U-Bahnen für ausreichend Augensport.

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Es schrieb: Henry Berner